





Was ich an Amsterdam am meisten mag ist die Velokultur. Fast jeden Tag sitze im Sattel. Für Freizeit, Sport oder den Arbeitsweg. Was mir lange fehlte, war das passende Gefährt. Für mich ist ein Velo nicht einfach ein Ding mit zwei Rädern. Es ist ein Begleiter in meinem Leben, ein mechanischer Freund. Doch für die Amsterdamer ist ihr Velo einfach nur ein Ding mit zwei Rädern, das maximal hundertfünfzig Euro kostet. Was teurer ist wird ohnehin geklaut.
Nach langer Suche habe ich endlich meinen zweirädrigen Begleiter gefunden. Ein Ordonnanzrad 05. Alles in Oringal. Kaum gebraucht. Ein Sammlerstück, das in der Masse der schwarzen, alten Velos in dieser Stadt ganz unauffällig verschwindet. Jeden Meter, den ich mit dem Schweizer Militärvelo zurück lege ist eine Freude. Manchmal denke ich dabei an meinen Grossvater. Er konnte sich als junger Mann kein Velo leisten. Als Radfahrer-Rekrut in Frauenfeld bekam er ein Ordonnanzrad 05 zugeteilt. Sein grösster Stolz.
Das Schweizer Militärvelo wäre eigentlich viel besser für die niederländische Armee geeignet. Mit zweiundzwanzigeinhalb Kilo ist jede Steigung eine Qual. Abfahrten sind mit den miserablen Bremsen gefährlich. Für Amsterdam ist es jedoch perfekt. Sind die fünfundzwanzig Kilogramm erstmal beschleunigt überhole ich damit auch locker die ganzen hippen Leute auf ihren VanMoofs. Die schlechten Bremsen sind bei bei vorausschauender Fahrweise kein Problem und entsprechen zwar keinen Sicherheitsempfehlungen, jedoch durchaus ortsüblichen Standards.
Doch eine Herausforderung hätte ich fast nicht gelöst bekommen: den Unterhalt. Ich habe mein Militärvelo verschiedenstens Velomechs vorgestellt, habe an deren Liebe für Fahrräder appeliert, die glorreiche Geschichte des Ordonnanzrades erzählt und ganz schnöde versucht mit Geld zu überzeugen. Kein Erfolg. Amsterdamer Fietsenmaker sind spezialisiert auf schnelle Reparaturen für zwanzig bis fünfzig Euro. Für längere Arbeiten ist kein Platz. Bis mir jemand Theo mit seinem Rijwielatlier „De Specialist“ empfahl. Ein Mann, der Velos liebt und seine Schweizer Frau. Als er mein Militärvelo Jahrgang 1942 sieht, will er es sofort da behalten. Liebevoll säubert er jede Schraube, revidiert die Rücktrittsbremse und überprüft die Lager. Als ich mein Velo nach drei Wochen abhole, zeigt er mir Fotos seiner Arbeit. Ich glaube ich haben einen Seelenverwandten gefunden.
Tolle Geschichte. Ich dachte auch gleich an meinen Vater, mit seiner alten, und kurzen Geschichte beim Militär. 25 Kilo soll das Ding, ähm, Militärvelo sein, wirklich?
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Hallo Franz. 22.5kg sagt Wikipedia. Und wenn ich eine kleine Brücke im Stadtzentrum hoch pedale, dann zweifle ich nicht an dem Gewicht. https://de.wikipedia.org/wiki/Fahrr%C3%A4der_der_Schweizer_Armee#cite_note-3
Aber ja, 25kg sind nicht 22.5kg. Ich habe den Text korrigiert.
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Philippe Schranz von ordonnanzrad.ch hat mir grad erklärt: ich habe gar kein Ordonnanzrad. Sondern ein Miltärvelo Typ „Armee“. Ein Velo mit anderen Spezifikationen, das von der Armee für Anwendungen ausserhalb der Radfahrertruppe eingesetzt wurden. Zum Beispiel in Zeughäusern. Der Unterschied sei dabei nicht nur die Anwedung, sondern das gesamte Design und die benutzten Komponenten. Eigentlich ein ganz anderes Velo als das Ordonnanzrad und für den Laien wie mich kaum zu unterscheiden.
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